20.02.2024

Organspende – eine Verpflichtung für jeden?

Prof. Günter Kirste und Christoph Botzenhart

Am 20.02.2024 fand in den Räumlichkeiten der Volksbank Ulm-Biberach ein hochkarätiger Vortrag zum Thema "Organspende - eine Verpflichtung für jeden?" statt. Die Veranstaltung, organisiert von Bürgerimpulse e.V., zog eine große Anzahl von Interessierten an. Referent des Abends war Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Kirste, der viele Jahre als Transplantationschirurg in Freiburg gearbeitet und dabei auch Pionierarbeit geleistet hat. Von 2007 bis 2013 war er medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), einer 1984 gegründeten, öffentlich rechtlichen Organisation, die gemäß dem Transplantationsgesetz (TPG) als zentrale Koordinierungsstelle für die postmortale Organspende in Deutschland fungiert und annähernd 1.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Nach derzeit geltender Rechtslage gilt in Deutschland die sogenannte Entscheidungslösung. Das bedeutet: Eine Organspende ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn die potenzielle Spenderin oder der Spender zu Lebzeiten eingewilligt hat oder die nächsten Angehörigen zugestimmt haben.

Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland steht einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüber und immer mehr besitzen einen Organspendeausweis. Personen, die sich für eine Spende entschieden haben, möchten mehrheitlich anderen helfen und ihrem Tod einen Sinn geben. Menschen, die sich dagegen entschieden haben, nehmen häufig an, ungeeignet zu sein.

2022 gab es bundesweit 869 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 10,3 Organspenderinnen und - spender je eine Million Einwohner. In Europa führt Spanien regelmäßig die Statistiken zur Organspende an. 2021 kamen dort auf eine Million Einwohner 46,0 Organspenderinnen und Organspender, die Organe nach dem Hirntod spendeten. Knapp 9.000 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. Ca. 750 Personen auf der Warteliste sind 2022 verstorben.

Prof. Kirste erläuterte zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen der Organspende in Deutschland, wobei er auf die Bedeutung des Transplantationsgesetzes einging und die aktuellen Entwicklungen auf diesem Gebiet diskutierte. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Vergleich zu anderen Ländern ein vereinfachteres und praxisgerechteres Procedere wünschenswert wäre. Schon die Beantragung eines Organspendeausweises ist unnötig komplex und auch die Regelung, dass Lebendspenden nur im engsten verwandtschaftlichen Umfeld zulässig sind, sollte dringend überprüft werden. Grundsätzlich betonte er, dass die Organspende eine wichtige Möglichkeit ist, das Leben anderer Menschen zu retten oder zu verbessern, und dass jeder Einzelne die Möglichkeit hat, einen wertvollen Beitrag zu leisten.

Des Weiteren wurden in der Veranstaltung verschiedene ethische Fragen rund um das Thema Organspende diskutiert, wie beispielsweise die Bedeutung von Aufklärung und Sensibilisierung in der Gesellschaft, die Rolle der Medien bei der Berichterstattung über Organspenden sowie die Herausforderungen und Chancen der Organspende in der Zukunft.

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich an der Diskussion zu beteiligen. Es entwickelte sich ein außergewöhnlich lebhafter Austausch, in dem unterschiedliche Standpunkte und Meinungen zur Organspende beleuchtet wurden.

Insgesamt war die Veranstaltung ein gelungener Beitrag zur öffentlichen Debatte über die Organspende in Deutschland. Er sensibilisierte die Teilnehmer für die Bedeutung dieses Themas und regte dazu an, sich mit der eigenen Haltung zur Organspende auseinanderzusetzen.

10.10.2023

Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl

Oberbürgermeister und OB-Kandidat Gunter Czisch, Co-Moderator Mathias Schöferle, OB-Kandidat Martin Ansbacher, OB-Kandidatin Lena Schwelling, OB-Kandidat Thomas Treutler und Co-Moderator Christoph Botzenhart

Überwältigende 400 Besucher kamen als Bürgerimpulse im und mit dem ROXY am 10.10.2023 eine Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl in Ulm veranstaltete. Im Vorfeld waren die Bürger aufgerufen gewesen, über unsere Website Fragen an die Kandidaten zu stellen. 68 Beiträge, viele davon mit gleich mehreren Fragen, gingen ein und stellten die Moderatoren des Abends Christoph Botzenhart und Mathias Schöferle vor die Herausforderung, diese in den geplanten 90 Minuten abzuhandeln.

Nachdem sich die Kandidatin Lena Schwelling, sowie die Kandidaten Oberbürgermeister Gunter Czisch, Martin Ansbacher und Thomas Treutler in jeweils fünf Minuten in freier Rede gekonnt vorgestellt hatten, nahmen sie in wechselnder Reihenfolge zu Themenblöcken Stellung, die unser Team zuvor anhand der eingegangenen Fragen und ihrer Häufigkeit gebildet und gereiht wurden. Am stärksten brannte den Einsendern der Themenkomplex „Umwelt, Klima, Verkehr und Mobilität“ unter den Nägeln. Zum Schluss wurden noch vier Fragen aus dem Saal zugelassen. Zum Ausklang konnten die Besucher noch in der Cafébar des ROXY untereinander und mit den Kandidaten ins Gespräch kommen.

Der Radiosender Donau3FM hat in seinem Artikel einen vollständigen Audio-Mitschnitt des ROXY veröffentlicht. Weitere Berichte finden sich in der Südwest Presse und in der Neu-Ulmer Zeitung.

20.06.2023

Wasserstoff als Game Changer in der Energiewende

Dr. Reinhard Knüppel (links) mit Prof. Dr. Frithjof Staiß (rechts)

Am 20. Juni 2023 referierte Prof. Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführender Vorstand des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), bei Bürgerimpulse in der Sparkasse Neue Mitte über die Rolle des Wasserstoffs bei der Energiewende. Tropische Temperaturen, gefolgt von einem heftigen Sturm, boten ungewollt einen passenden Rahmen für den Abend, an dem es in Anwesenheit von etwa 120 Personen um die Frage ging, wie der Klimawandel mit Hilfe von Wasserstoff gebremst oder gestoppt werden kann.

Der Vorteil von Wasserstoff liegt darin, dass er beispielsweise mit Sonnen- oder Windenergie CO2-neutral erzeugt, aber auch wieder CO2-neutral verbrannt werden kann. Kritiker führen zwar zu Recht an, dass der Wirkungsgrad – also wie viel der eingesetzten Energie am Ende „am Rad ankommt“ – von Wasserstoff-Fahrzeugen mit Brennstoffzelle wesentlich geringer ist als bei Elektroautos mit Batterie, doch sind PKW nicht der wichtigste Einsatzbereich, bei dem Wasserstoff zum Klimaschutz beitragen kann. Seine Stärke könnte er in Industrien wie z.B. der Stahlerzeugung unter Beweis stellen, wo derzeit eine einzige Fabrik in Nordrhein-Westfalen 1,5 Mal so viel CO2 ausstößt wie das ganze Land Baden-Württemberg. Auch bei Flugzeugen oder LKW ist eine Nutzung von Elektroantrieben mit Batterie auf Langstrecken noch völlig unrealistisch. Unter dem Strich könnte Wasserstoff 20-25% des weltweiten Energiebedarfs decken.

Wasserstoff kann die erneuerbaren Energien unabhängiger vom Wetter machen. Sonne und Wind gibt es nicht immer gleich viel – auch das Wasseraufkommen in Flüssen unterliegt Schwankungen. An Tagen, an denen erneuerbare Energien im Überfluss produziert werden, könnten Lager mit Wasserstoff gefüllt werden für Tage, an denen zusätzliche Energie gebraucht wird. Dieses Prinzip wird beispielsweise in einem Pilotprojekt in Esslingen unter Beweis gestellt, wo ein Stadtviertel seine Energie durch das Zusammenspiel von Sonnenenergie und Wasserstoff bezieht und nebenbei auch noch die bei der Elektrolyse entstehende Wärme verwertet wird – somit kann der Wirkungsgrad gesteigert werden.

In der regen Diskussion mit dem Publikum zeigte sich auch dessen Sorge über die Auswirkungen des neuen Gebäude-Energiegesetzes der Bundesregierung vor Ort in Ulm. Professor Staiß zeigte auf, wie Wasserstoff zunächst als Beimischung zum Erdgas auch in Privathaushalten zum Einsatz kommen kann, allerdings wird es Probleme mit der rechtzeitigen flächendeckenden Versorgung geben. In Privathaushalten werden andere Technologien stark sein.

18.03.2023

Die Energiepreise werden hoch bleiben

Moritz Ignat (links) mit Mathias Schöferle (Mitte) und Prof. Franz Josef Radermacher (rechts)

Verbraucher und Unternehmen sehen sich seit der 2. Jahreshälfte 2022 mit stark steigenden Kosten für Strom, Gas und Öl konfrontiert. Preiserhöhungen von teilweise mehreren 100% gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und private Existenzen, denn nirgends sind die Veränderungen so massiv wie in Deutschland.

  • Wie konnte das passieren?
  • Handelt es sich nur um ein vorübergehendes Problem oder eine langfristige Herausforderung?
  • Welche Konsequenzen drohen?
  • Bieten die Veränderungen auch Chancen?
– eine Vielzahl brennender Fragen, zu denen bei einer Bürgerimpulse-Veranstaltung am 18.03.23 im Vortragssaal der Volksbank Ulm-Biberach kompetente Referenten Stellung nahmen.

Moritz Ignat, Energie-Trader aus London, legte anschaulich die Marktmechanismen dar, die zu den ungewöhnlichen Preisentwicklungen geführt haben. Obwohl die erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik und Biomasse) mittlerweile mit Abstand den größten Anteil an der deutschen Energieproduktion haben, unterliegen sie aufgrund der Wetter- und Tageslichtabhängigkeit einer extremen Volatilität. Im schlechtesten Fall stehen nur 10 % der Kapazität zur Verfügung, so dass ohne die Option auf die schnelle Zuschaltung von Gas-, Braunkohle- und Kernkraftwerken die Energieversorgung nahezu täglich zusammenbrechen würde. Dies sorgt für eine nur eingeschränkt planbare und mit großen Unsicherheiten behaftete Bedarfssituation, die zwangsläufig hohe Preise zur Folge hat. Der kriegs- und sanktionsbedingte Wegfall der vormals sehr preisgünstigen Liefermengen aus Russland hat dieses Problem zusätzlich dramatisch verschärft.

Auch Prof. Dr. mult. Franz Josef Radermacher, einer der führenden Experten für Globalisierungsthemen, griff diese Themenkreise auf. Er verdeutlichte insbesondere, dass sich Strom aus erneuerbaren Quellen als Energieform von den fossilen Energieträgern maßgeblich darin unterscheidet, dass er in Europa nur mit extremem Aufwand und in kleinen Mengen gespeichert werden kann. Den insbesondere von der deutschen Politik favorisierten grünen Wasserstoff als „Königsweg“ aus diesem Dilemma sieht er insoweit sehr skeptisch, als zu dessen Herstellung u.a. das Dreifache der Energie nötig ist, die gespeichert werden soll. Er favorisiert vielmehr das bereits seit langem in den USA und Norwegen praktizierte Carbon Capture. Dieses Verfahren bedeutet, dass das bei der Verwendung der fossilen Energieträger entstehende CO2 abgefangen und bspw. in die ausgebeuteten Förderstätten zurückgepumpt wird. Er wies zudem darauf hin, dass die Energiethematik als ein globales Thema behandelt werden muss und insbesondere auch die Interessenlagen der Entwicklungsländer nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

Beide Referenten waren sich einig, dass die Energiepreise weltweit langfristig weiter ansteigen werden. Für Deutschland steht dabei insoweit viel auf dem Spiel, als die radikale Abkehr von der Atomkraft und der bereits terminierte sukzessive Kohle- und Gasausstieg in Verbindung mit der angestrebten Substitution durch grünen Wasserstoff einen sehr teuren Sonderweg darstellen, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen könnte.

13.07.2022

Krieg und Krisen, die Welt im Wandel

Wolfgang Bosbach (rechts) mit Ronja Kemmer MdB (Mitte) und Dr. Reinhard Knüppel (links)

Die Medien berichten über Krieg und Krisen in vielfältiger Form: den Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie, den Klimawandel, die Sicherung unserer Energieversorgung, die Störung der globalen Lieferketten und die sich auch aus diesen Faktoren ergebenden Börsenturbulenzen und Inflation. Der ehemalige Chefredakteur der Bild-Zeitung Julian Reichelt sieht Deutschland gar „vor dem Untergang“.

Das wichtigste Anliegen von Bürgerimpulse ist es, Situationen wie diese zu analysieren und seriös und verständlich darzustellen – ohne solchen dramatisierenden Populismus. Dafür konnten wir Wolfgang Bosbach gewinnen, der diese Aufgabe am 13.07.22 vor etwa 170 Zuhörern im Ulmer ROXY brillant und kurzweilig löste.

Tatsächlich befinden wir uns in vielen Bereichen in einem Umbruch. Krisen gab es in vergleichbarer Form bereits früher, wie z.B. die Ölpreiskrise in den 70ern und die damit einhergehende Diskussion über die Abhängigkeit der Energieversorgung von mitunter totalitären Staaten. Die Anzahl der Krisen und die Intensität des Wandels über einen so kurzen Zeitraum hinweg ist derzeit hingegen bemerkenswert. Indes gehen manche Herausforderungen in der öffentlichen Wahrnehmung eher unter: der demographische Wandel und die sich hieraus ergebenden Belastungen für die Rentenversicherung und die Pflege werden sich noch verstärken. Dabei ist diese Krise eigentlich durch eine Erfolgsgeschichte begründet, nämlich durch die rasant gestiegene Lebenserwartung.

Deutschland droht zudem, beim Wandel von der Industrie- in die digitale Wissensgesellschaft von der Weltspitze abgehängt zu werden. Während wir im industriellen Bereich, wie z.B. in der Automobilindustrie und im Maschinenbau, noch Weltmarktführer haben, stammen sämtliche „Billionen-Dollar-Unternehmen“ des digitalen Zeitalters aus dem Ausland, in der Regel aus den USA. Dabei kann Deutschland sein Wohlstandsniveau einschließlich seiner Sozialleistungen nur halten und ausbauen, wenn die Wirtschaft diesen Wohlstand auch weiterhin einbringt.

In einer Anspielung auf das Sondervermögen Bundeswehr empfahl ein Teilnehmer in der Diskussion einen vergleichbaren finanziellen Kraftakt durch ein „Sondervermögen Bildung“. Die Wichtigkeit von Bildung zur Sicherung unserer Konkurrenzfähigkeit und damit letztlich unseres Wohlstands und Sozialsystems ist unbestritten – die Umsetzung in unserem föderalen System dagegen, wie Herr Bosbach in seiner Antwort anschaulich darstellte, ein komplizierter Kraftakt – ein Kraftakt, der sich aus unserer Sicht allerdings lohnt.